Über den Drachen vom Wawel, den Fürsten Krak und den tapferen Schuster
Drachen sind in der polnischen Kultur eine Ausnahme, abgesehen von dem Wawel-Drachen, dessen Geschichte nicht nur von Kornel Makuszyński und Jan Walentynowicz in einem Comic der Vorkriegszeit, sondern auch in einem großartigen Zeichentrickfilm aus den späten 1960er Jahren nach dem Roman von Stanisław Pagaczewski popularisiert wurde. Diese Geschichte ist jedoch sehr viel älter. Sie wurde bereits von dem exzellenten Chronisten Wincenty Kadłubek verfasst, der an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert lebte. Wir zitieren:
„Denn in den Spalten eines Felsens lebte ein grausames Ungeheuer, das manche Leute einen Allesfresser nannten. Jede Woche musste seiner Gefräßigkeit entsprechend eine bestimmte Anzahl von Rindern nach der Berechnung von Tagen zugeführt werden. Wenn die Bewohner diese nicht als eine Art Opfergabe bereitstellten, würde das Monster sie mit dem Verlust von ebenso vielen menschlichen Köpfen bestrafen”.
Glauben Sie, dass ein ehrwürdiger Chronist, Mönch und Bischof lügen würde? Allerdings schrieb er nicht über einen Drachen, sondern über ein Ungeheuer, und das passiert auch in unserer Zeit. Kadłubeks Geschichte wurde von Jan Długosz höchstpersönlich wiederholt, der übrigens nicht nur das Wort "Drache" benutzte, sondern auch ausführlich berichtete, wie das Ungeheuer die Stadt terrorisieren sollte.
„Unter dem Wawelhügel, wo Krak seine Burg gebaut hatte, hauste in einer Höhle ein Ungeheuer von gigantischer Größe, das wie ein Drache oder ein Reptil aussah, um seine Gefräßigkeit zu befriedigen, riss es Vieh und Schweine, die ihm zugeworfen wurden, und ließ nicht einmal von den Menschen ab. Wenn er aber, von hartnäckigem Hunger getrieben, kein Opfer fand, das zufällig da lag oder ihm zugeworfen wurde, dann stürzte er mit wilder Wut am helllichten Tag aus seinem Versteck und fiel mit furchterregendem Gebrüll über die prächtigsten Rinder, Pferde oder Ochsen her, die vor einen Wagen oder einen Pflug gespannt waren, mordete und tötete sie; seine Wut richtete sich auch gegen Menschen und wenn diese nicht in Sicherheit entkamen, füllte er seinen Bauch mit ihrem zerrissenen Fleisch”
– schrieb er.
Długosz ging auch näher auf die Geschichte seiner Bezwinger ein. Ähnlich wie Kadłubek schrieb er die Gründung der Stadt einem gewissen Grak, auch Krakus oder Krak genannt, zu, der vom römischen Tribun Tiberius Grakchus abstammen sollte. Und während Kadłubek den Sieg über den Drachen den Söhnen von Krakus zuschreibt, entscheidet Długosz eindeutig, dass das Ungeheuer vom Fürsten selbst besiegt wurde. In dieser Geschichte taucht auch der Trick mit dem "Kadaver" auf, der dem Drachen zugeworfen wurde, gefüllt mit "Schwefel, morschem Holz, Wachs, Harz und Teer". Die Bestie fraß es auf und "von der Hitze und den Flammen, die ihre Eingeweide verzehrten, fiel es sofort um und verreckte". Krak hingegen, "der mit seinem Geschick das riesige Ungeheuer bezwang, wurde als Vater und Befreier seiner Heimat gefeiert". Diese Geschichte wurde von fast allen polnischen Chronisten wiederholt, die von sich aus nicht viel ergänzten, außer vielleicht Marcin Bielski, der 1551 hinzufügte, dass der Drache, nachdem er die tückische Füllung gefressen hatte, seinen Durst in der Weichsel stillen wollte und so lange trank, bis er platzte. Er erwähnte sogar das genaue Datum dieses Ereignisses - ca. 700 nach Christus! Einige Jahre später wagte Marcin Kromer erstmals zu bezweifeln, dass der Drache wirklich existierte, stellte aber gleichzeitig fest, dass die Drachenhöhle in der Nähe der Burg Wawel tatsächlich vorhanden sei. Bald darauf versuchte ein anderer Chronist, Bielskis Sohn, die Geschichte zu demokratisieren, indem er einen Schuster namens Skuba mit ins Spiel brachte, der der Ideengeber des Anschlags auf das Ungeheuer sein sollte. Berühmt wurde der Drache durch die Romane von Józef Kraszewski und Stanisław Pagaczewski sowie durch einen Comic des Autorenteams Makuszyński-Walentynowicz. Über den Ursprung der Legende streiten sich seit Jahren die Gelehrten, die meisten sind allerdings der Meinung, dass sie tatsächlich in der Nähe der Wawel-Burg entstanden ist und trotz ähnlicher Motive weder aus der Bibel noch aus westlichen Kulturen entnommen wurde. Anscheinend ist da doch etwas dran. Zumal wir tatsächlich über materielle Spuren für die Existenz des Drachen - die Drachenhöhle -
wie auch den Krakus (Krak) - den Krakus-Hügel verfügen. Und... das ist wohl das Wichtigste. Der Wawel-Drache ist auch der Name eines echten Dinosauriers aus der Triaszeit, dessen Überreste in Schlesien gefunden wurden. Für Ihre Kinder wird die Suche nach den Spuren des Drachens in Krakau ein unvergessliches Abenteuer sein.
Auf den Spuren des Wawel-Drachen
- Krakau, Drachenhöhle. Eine Karsthöhle unter dem Wawel-Hügel, die in ihrer Geschichte verschiedene Funktionen hatte, von einem Armenhaus über ein Gasthaus bis hin zum Bordell. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, birgt sie noch immer viele Geheimnisse.
- Krakau, Figur des Wawel-Drachens. Eine Skulptur von Bronisław Chromy aus dem Jahr 1969, die echtes Feuer spuckt. Ursprünglich sollte sie in der Weichsel stehen.
- Krakau, Krakus-Hügel (Krak-Hügels). Ein vorchristlicher Grabhügel, der hoch über Krakau ragt. Długosz schrieb, dass es sich um das Grab des Fürsten Krakus handeln könnte. Einige Wissenschaftler datieren ihn auf das 7. Jahrhundert, also in die Zeit, in der laut Marcin Bielski der Vorfall mit dem Drachen stattfinden sollte. Ein Spaziergang auf den Hügel gehört zu den schönsten Spazierwegen in Krakau.
- Krakau, Kathedrale auf dem Wawel. Ein indirekter Beweis für die Existenz des Wawel-Drachen sind witzigerweise auch die Knochen prähistorischer Lebewesen, die an der Wawel-Kathedrale zu sehen sind. Marcin Fox, ein Professor an der Krakauer Akademie, schrieb über sie, sie stammten von "monströsen Monstern, deren Art ausgestorben ist". Die Prophezeiung über sie lautet: Wenn die Kette, an der sie hängen, reißt, geht die Welt unter.
- Krakau. Das Grab des Chronisten und Erziehers der königlichen Söhne, Jan Długosz. In der Kirche des Erzengels Michael und des hl. Bischof Stanislaw auf Skałka.
Über die heilige Kinga, eine tugendhafte und tüchtige Jungfrau und das salzige Gold
Herzog Bolesław war noch klein, als die mächtigen Herren beschlossen, ihn mit der Tochter des ungarischen Königs Bela IV. zu verloben. Und sie, genannt Kinga, war noch ein Kind - doch für ihr Alter sehr klug. Die Gesandten kamen an den ungarischen Hof und es stellte sich heraus, dass sowohl der König als auch Kinga den Vorschlag gut fanden. Bela IV. achtete die Polen und schloss schon mehrmals mit ihnen Bündnisse, vor allem jetzt, als die polnischen und ungarischen Gebiete immer wieder durch die Mongoleneinfälle verwüstet wurden. Als die Gesandten sich auf den Rückweg machten, befahl der König, ihnen Gold und Juwelen für Herzog Bolesław einzupacken. Doch Kinga bat ihren Vater um ein anderes Geschenk. - Gebt ihnen etwas, was sie nicht haben" - sagte sie. Bela war einverstanden und seine Tochter ging in die örtliche Salzmine und warf ihren Verlobungsring in den Minenschacht. Als sie bereits in Polen angekommen war und die offizielle Verlobung bevorstand, sagte Kinga zu Bolesław -"Lass uns nach dem Ring suchen, den du mir geschenkt hast. Sie fuhren nicht weit weg, lediglich bis Wieliczka, wo Kinga einen großen Brunnen bohren ließ. Die Bergleute schufteten lange Zeit, bis sie schließlich auf einen weißen Felsen stießen. Sie gruben ihn aus und Kinga befahl, ihn mit Spitzhacken zu zerlegen. Aus seinem Inneren fiel ein Ring heraus, und der weiße Stein entpuppte sich als Salz. Polen erhielt einen großen Reichtum. So hat der Dichter Władysław Ludwik Anczyc (1832-1883) die Geschichte in Erinnerung. Was ist daran wahr? Fast alles, außer natürlich dem Abenteuer mit dem Ring.
Die ungarische Prinzessin Kinga (1234-1292) war noch ein Kind, als sie mit dem ebenfalls minderjährigen Herzog Bolesław - später der Schamhafte genannt - verlobt wurde. Die Polen kannten zwar schon vorher Salz und die Salzbergwerke in Bochnia und Wieliczka gehören zu den ältesten in Europa, doch die industrielle Gewinnung entwickelte sich erst mit der Ankunft von Bergleuten aus Ungarn, die mit dem Gefolge von Kinga eintrafen. Durch die Heirat von Kinga und Bolesław wurden zwei Länder mit unterschiedlichen Kulturen und Sprachen, die einander völlig unverständlich waren, für Jahrhunderte zu Verbündeten. Mit keinem anderen Land hatten wir so enge Beziehungen. Kinga galt als sehr tüchtig und sparsam. Sie kümmerte sich nicht nur um die polnischen Interessen, sondern auch um das Sandezer Land, das ihr anvertraut wurde. Sie ließ dort Burgen und Klöster bauen. Sie wurde zu einem Vorbild für ein tugendhaftes Leben, das sie und ihr Gatte gelobten. Nach seinem Tod zog sie in das Kloster von Stary Sącz ein, wo sie 1292 starb. Erwähnenswert ist dabei, dass in Kingas Adern das Blut byzantinischer Kaiser floss. Ihre Großeltern waren der nizänische Kaiser Theodor I. und die byzantinische Kaiserin Anna Komnena Angelina. Sie wurde bereits 1690 seliggesprochen und 1999 von Johannes Paul II. während einer Freiluftmesse in Stary Sącz heiliggesprochen.
In den Sandezer Beskiden und in Pieninen hört man immer noch Dutzende anderer Legenden über die hl. Kinga.
Auf den Spuren von der hl. Kinga
- Stary Sącz – Klarissenkloster. Es ist das Kloster, das die heilige Kinga gegründet hat und in dem sie bestattet ist. Jahrelang war das Sandezer Land im Besitz von Kinga, die aus ihm eine der reichsten Regionen von Małopolska machte. Im Kloster Stary Sącz werden einige nicht ausgestellte Erinnerungsstücke an die Heilige aufbewahrt: ein handgeschriebener Psalter, ein goldenes Kreuz mit Perlen und Edelsteinen, gefertigt aus den Diademen des Herzogpaars, ein Medaillon mit einem Kruzifix und einem Frauenporträt, ein Klostersiegel aus Bergkristall, ein Jaspislöffel mit silbernem Griff und... ein Verlobungsring mit der Darstellung eines Brautpaares. Ist das etwa dieser Ring?
- Salzmine in Bochnia. Den Legenden zufolge könnte Kingas Ring auch in Bochnia gefunden werden. Es ist das älteste Salzbergwerk in Polen und eine der ältesten Industrieanlagen in Europa.
- Krakau. Kirche und Kloster der Franziskaner. Hier befinden sich die Grabstätten von Kingas Ehemann, Herzog Bolesław dem Schamhaften, und der seligen Salomea, Bolesławs Schwester, die Kinga am ungarischen Hof erzogen hat.
- Sandezer Beskiden und Pieninen. Dieses Land ist voller Legenden über die gute Prinzessin Kinga.
- Burg Wronin in Czorsztyn. Der Überlieferung zufolge sollte sie von Herzogin Kinga gestiftet sein und laut Jan Długosz sollten sie und Bolesław dort während des Mongoleneinfalls Zuflucht gefunden haben.
Über den Herrn Twardowski, oder darüber, dass die Polen die ersten auf dem Mond waren
Er war ein Adliger von großem Einfallsreichtum, von bescheidenem Stand und stattlichem Körperbau. Er lebte im 16. Jahrhundert, als er in Krakau auftauchte, eine Alchemistenwerkstatt einrichtete und nach dem Stein der Weisen suchte, der Metall in Gold verwandeln sollte. Angeblich hat er hier geheiratet, zwar nicht besonders glücklich, was sich aber in der Zukunft positiv auswirken sollte. In ihm steckte eine große Gier nach Reichtum, noch größer waren aber Durst nach Ruhm und Unmäßigkeit in den Gelüsten des täglichen Lebens. Anstatt also fleißig zu experimentieren, und die Krakauer Akademie war damals berühmt für Werkstätten ähnlicher Alchemisten, entschied er sich für einen Pakt mit dem Teufel. Der Pakt wurde geschlossen. Twardowski überließ ihm seine Seele und der Teufel sollte ihm helfen, alle Wünsche zu erfüllen. Meister Twardowski wurde berühmt für seine Fähigkeiten, er stand sogar in der Gunst von König Sigismund August, für den er nach dem Tod seiner geliebten Frau Barbara Radziwiłłówna deren Geist beschwör, um den Schmerz des Herrschers zu lindern. Schließlich wurde es dem Teufel zu viel. Er war der Meinung, dass Twardowski genug Ruhm erfahren hatte und forderte seine Seele. Der Adlige ließ sich nicht überlisten und der Teufel war machtlos, denn der Pakt besagte, dass Twardowski nach Rom kommen müsste, um den Pakt zu erfüllen. Der Adlige hatte es aber nicht eilig, dorthin zu fahren. Doch eines Tages hielt er zufällig an einer Dorfschenke an, ohne auf das Schild über der Tür zu achten. Das Gasthaus hieß "Rom". Hier hat ihn der Teufel erwischt. Diese Geschichte wurde später von Adam Mickiewicz beschrieben. Meister Twardowski konnte sich aber wieder einmal durch einen Trick retten, indem er dem Teufel ein Jahr Leben mit seiner Frau anbot, um dafür ein Jahr in der Hölle zu verbringen. Der Teufel machte sich darauf aus dem Staub. Dieser Twardowski war wohl ein wahrhaft mutiger Mensch. Der Teufel konnte den polnischen Adligen nicht mehr zähmen, das Einzige, was er machen konnte, war ihn auf den Mond zu schicken, wo er sich über die Kräfte des Teufels nicht lustig machen kann und wo er noch heute lebt.
Hat Twardowski wirklich existiert? Entgegen der landläufigen Meinung handelt es sich nicht um eine bloße Kopie der deutschen Legende von Doktor Faustus. Einen Jan Twardowski gab es wirklich. In Krakau sollte er eine alchemistische Werkstatt betreiben und den Geist von Barbara Radziwiłłówna heraufbeschwören haben. Auch der berühmte Doktor Faustus war in Krakau, vielleicht lernte er dort sogar seine alchemistischen Künste. Es muss jedoch ein wichtiger Vorbehalt gemacht werden. Die meisten wissenschaftlichen Experimente jener Zeit wurden von der Öffentlichkeit argwöhnisch als Hexerei beäugt, während die Suche nach dem Stein der Weisen Teil der wissenschaftlichen Forschung des 16. und 17. Jahrhunderts war. Mit dieser Tätigkeit befasste sich u.a. der berühmte Michał Sędziwój (1566-1636), einer der größten Wissenschaftler seiner Zeit und Entdecker des Sauerstoffs. Vielleicht sind einige seiner Errungenschaften Teil der Twardowski-Legende geworden.
Auf den Spuren von Meister Twardowski
- Krakau. Collegium Maius. Der älteste Teil der Jagiellonenuniversität. Hier befanden sich vermutlich die wissenschaftlichen Werkstätten, in denen Faust, Jan Twardowski und Michał Sędziwój experimentieren konnten. Heute beherbergt es das Museum der Jagiellonen-Universität.
- Krakau. Bürgerhaus "Pod św. Janem Kapistranem" (Ecke des Hauptmarktes Nr. 26 und ul. Wiślna 2). Hier wohnte angeblich Jan Twardowski.
- Krakau. Twardowski-Felsen und die Twardowski-Höhle. Ein Komplex von Kalksteinfelsen im Stadtteil Dębniki. In der Twardowski-Höhle, die ca. 500 Meter lang ist, sollte der Meister aus Krakau seine Werkstatt gehabt haben. Die Twardowski-Höhle liegt in der Nähe von Zakrzówek, einem der schönsten Erholungsgebiete der Stadt. Es handelt sich um alte Steinbrüche, die stilgelegt und mit Wasser gefüllt wurden.
- Krakau. Twardowskis Werkstatt in Krzemionki Podgórskie. Es handelt sich um einen Hügelkomplex südlich des Wawel-Schlosses, einen der frühesten Siedlungsplätze in Krakau. Twardowskis Werkstatt sollte sich an der Stelle der heutigen St.-Joseph-Kirche am Rynek Podgórski befinden.
- Krakau. Ein Bürgerhaus an der Ecke des Hauptmarktes und der ul. Sławkowska. Einer der größten deutschen Dichter, Johann Wolfgang Goethe, wohnte hier im September 1790. In Krakau suchte er nach Spuren von Faust. Er besuchte auch das Salzbergwerk Wieliczka. An dem Bürgerhaus befindet sich eine Gedenktafel.
- Sucha Beskidzka. Gasthaus Rzym (Rynek 1). Eine der schönsten hölzernen Dorfschenken. Hier soll Twardowski dem Teufel begegnet sein. Das Gasthaus liegt an der Małopolska Gourmetroute.
- Pieskowa Skała. Herkuleskeule. Ein 25 Meter hoher Kalkstein-Zeugenberg, seit dem frühen 20. Jahrhundert eines der Symbole des polnischen Tourismus. Während Twardowskis Auseinandersetzung mit dem Teufel in der Dorfschenke "Rom" sollte der Zauberer versucht haben, dem Teufel zu entkommen, indem er ihm drei Aufgaben stellte. Eine Aufgabe war, der Teufel sollte einen großen Felsen transportieren und ihn an das schmale Ende legen. Und das ist dieser Felsen!
Schlafende Ritter in der Tatra, oder darüber, wie sehr wir die Berge lieben
Sobald die Welt wirklich schlecht wird und Polen eine echte Gefahr droht, wird sich aus den Tiefen des Tatragebirges ein Heer erheben, um unsere Heimat zu retten. Die Ritter aus vergangenen Zeiten schlafen im Inneren der Berge und warten auf ein Zeichen. Ist es schon so weit? Nein, noch nicht. Woher wissen wir das? Aus zahlreichen Legenden, Aufzeichnungen und literarischen Travestien, die schönste von ihnen wurde von dem Dichter Jan Kasprowicz verfasst.
„Ich bin in meinem Leben viel in der Welt herumgekommen, ich habe riesige Berge gesehen, die vom ewigen Eis bedeckt sind, ich habe Flüsse gesehen, die so breit sind, dass man fast eine Stunde braucht, um mit einem Boot von einem Ufer zum anderen zu kommen, ich habe in Tälern gesessen, die so schön waren, dass mir die Erde wie ein Paradies vorkam, ich habe Regenbögen bewundert, die in winzigen Staub zerfallen, riesige Wasserfälle bilden, und doch gibt es keinen Ort, an dem die Sehnsucht so viel Ruhe findet wie in unserer Tatra” – begann der Dichter, dem diese Geschichte von einem alten Goralen erzählt worden war. Er begegnete ihm auf einer Brücke im Kościeliska Tal, wo Kasprowicz einen Felsen anstarrte, der einem Ritter ähnelte.
„Sie sehen sich diese Figur an, mein Herr, und wissen sicherlich nicht, was sie bedeutet. Man hat sie hier eingemeißelt, um daran zu erinnern, dass in diesen Felsen, in einer riesigen Höhle, die so groß ist, wie eine Kirche, eine Armee schläft. Es sollen polnische Ritter sein und aus Krakau oder irgendwo zwischen Posen und Gnesen stammen. Angeführt wurden sie von einem mächtigen und berühmten König; von unseren Großvätern und Urgroßvätern wissen wir, dass sein Name Chrobry (der Tapfere) war. In unserer Erinnerung hat niemand diese Armee hier gesehen, denn wir sind noch unwürdig, aber vor Jahrhunderten gab es in dem Dorf Kościeliska oder Zakopane einen kleinen Jungen, der die Herde seines Vaters in dieses Tal trieb, um dort den Sommer über zu weiden” – sagte der Gorale mit langem grauem Haar. Und es war dieser Hirtenjunge, der, nachdem er sich in das leere Tal gewagt hatte, vor einem seltsamen Felsen stehen blieb und laut rief. Der Fels spaltete sich und ein riesiger Ritter in Rüstung kam heraus.
„Wer wagt es, uns aus dem ewigen Schlaf zu wecken? Ist die Zeit schon gekommen? Doch der Junge, der vor Schreck wie betäubt war, konnte ihm keine Antwort geben, weil er seine Frage noch gar nicht verstand. Der Ritter aber, der seine Angst bemerkt hatte, sprach: Fürchte dich nicht, ich werde dir nichts Böses tun, denn ich bin kein Räuber, sondern ein Krieger, der sein Blut für sein Vaterland vergossen hat und dann mit seinen Gefährten zu diesen Felsen gekommen ist, um einen ewigen Schlaf zu halten und erst dann zum Leben zu erwachen, wenn die Menschen so gut werden wie du - denn ich sehe, dass du gut bist - wenn sie einen solchen Glauben und eine solche Weisheit erlangen, dass sie das Joch, das sie unterdrückt, nicht mehr tragen können. Und wenn dies geschieht, wird ein anderer Junge wie du erscheinen, ausgewählt aus Tausenden oder sogar aus einer Million, denn er muss der Würdigste sein, und er wird an das goldene Tor klopfen und mit großer Stimme rufen: - Erhebt euch, Ritter, aus dem ewigen Schlaf, erhebt euch und steigt hinab in die Täler, zu den Menschen, die bereits gut und weise geworden sind und einen großen Glauben haben und unter der Herrschaft des Bösen auf keinen Fall mehr leben wollen! Steht auf, ihr geflügelten Ritter, die wie Engel im Himmel seid!”
Und so ist es auch bei diesen Rittern. Sie warten. Die meisten Menschen glauben jedoch, dass der Ort, an dem die Ritter schlafen, der Berg Giewont ist. Es besteht jedoch kein Zweifel, dass die Tatra nach Krakau der Ort ist, der mit der Seele der Polen am engsten verbunden ist.
Auf den Spuren der schlafenden Ritter
- Tatra. Giewont. Ein Berggipfel bei Zakopane, 1894 m ü. M. hoch. Das Symbol von Zakopane und der bekannteste Gipfel der Tatra. Auf seiner Spitze steht ein 15 Meter hohes Kreuz. Dieser Ort ist bei Gewitter sehr gefährlich. Es wurden hier schon mehrmals Touristengruppen vom Blitz getroffen. Aus der Ferne ähnelt die horizontale Silhouette von Giewont der liegenden Figur eines Ritters.
- die Tatra. Das Kościeliska-Tal. Eines der schönsten Täler der Tatra, mit fantastischen Felsformationen, der berühmten Schlucht Krakau, Almen und Höhlen. Es wurde seit dem Beginn des Tatra-Tourismus besucht, also schon im frühen 19. Jahrhundert. Bereits im 15. Jahrhundert gab es hier Erzminen und Betriebe, die sie verarbeiteten. Es war eines der Lieblingsorte der Künstler des 19. und frühen 20. Jahrhunderts für Freilichtmalerei. Interessanterweise gibt es auch hier eine Höhle, die als Drachenhöhle bezeichnet wird.
- Zakopane. Jan-Kasprowicz-Museum in Harenda. Kasprowicz (1860-1926) lebte hier in den 1920er Jahren und starb auch hier. Sein Mausoleum befindet sich neben der Villa.
Dunajec, der von Bolesław dem Tapferen geschaffen wurde
Es gab einmal in Podhale einen großen See. Er unterspülte die Pieninen und wollte den Goralen jedes Stückchen Land wegnehmen, die sie den Bergen in mühsamer Arbeit über Generationen hinweg entrissen hatten. Der See war besonders grausam zu Dobek, einem armen Goralen, der seine Familie kaum von seinem kleinen Stück Land ernähren konnte. Doch er gab nicht auf, auch wenn ihn der Anblick der hungrigen Kinder nicht zur Ruhe kommen ließ. Eines Tages begegnete Dobek auf der Straße einem Heer, das einen mächtigen Fürsten begleitete. Manche sagten sogar, es sei der König Bolesław der Tapfere selbst gewesen. Er fragte Dobek, wie das Leben hier sei. Der Gorale klagte über sein Pech und das der anderen. - Seid ihr nicht in der Lage, die Pieninen umzugraben? - fragte der Herrscher. Die stolzen Goralen machten sich darauf an die Arbeit. Sie schufteten einen Monat, ein Jahr und womöglich noch länger. Vergeblich! Das Wasser stand immer noch hoch und überschwemmte ihre Felder noch stärker, als ob es sich rächen wollte. Bolesław kam wieder dorthin und sah, dass die Arbeit der Goralen nichts nützte. So machte er sich allein auf den Weg und schlug mit seinem Schwert auf einen der Pässe. Die Pieninen brachen entzwei, und ein reißender Fluss, den man den Namen Dunajec gab, stürzte in Richtung Meer. Seitdem wird das Volk von Podhale nur noch von Zeit zu Zeit von einer großen Flut heimgesucht. Der Dunajec hat schon immer die Fantasie angeregt. Eine der Legenden besagt, dass sogar Jesus selbst, als die Pieninen von den Tataren heimgesucht wurden , auf Bitten der heiligen Kinga das Wasser in Bewegung setzte und die Feinde ertränkte.
- Dunajec. Einer der schönsten polnischen Flüsse, der aus der Tatra entspringt, das Nowotarska-Becken durchbricht, den Stausee Czorsztyńskie, und dann den Durchbruch durch die Pieninen bildet – eine der größten polnischen Touristenattraktionen. Er fließt unter anderem durch Nowy Targ, Krościenko, Stary Sącz, Nowy Sącz, Tropie, Rożnów, Czchów, Zakliczyn, Wojnicz, Tarnów, Żabno und mündet in die Weichsel in Ujście Jezuickie.
Und wussten Sie, dass Morskie Oko mit dem Meer verbunden ist?
Der gelehrte Priester Benedykt Chmielowski schrieb darüber in der sarmatischen Enzyklopädie Neues Athen (1745 – 46): „Der Berg KARPAT, oder eher ein Zug von ziemlich langem Gebirge, benannt nach dem Wort Carpo, da dort die Bürger verschiedene Profite und Mineralien sammelten und immer noch sammeln; oder nach der Stadt Carpis der antiken Bastarnen. Die Deutschen nennen ihn den Schneeberg, die Ungarn Tarczal, die Polen wiederum bezeichnen ihn als Tatra, weil er sich zum Tatarenland hin erstreckt; er wird auch Beskiden genannt. Von ihnen aus kann man bei ruhigem Wetter 20, manchmal 30 Meilen weit sehen. Ein Stein, der von dort geworfen wird, rollt nicht hinunter, sondern viele andere werden sich mit ihm bewegen. Der Schnee, der hier den ganzen Sommer über liegt, wird dann schwarz und verwandelt sich in irgendein Ungeziefer; es gibt viele wilde Ziegen darauf, die nicht auf ihren Füßen gehen, sondern mit ihren Hörnern an Ästen und Felsen hängen. Kristall, Diamant, Magnesium und verschiedene Metalle werden laut Szentwani in ihnen geboren. Ganz oben auf den Bergen gibt es eine Quelle, oder eher einen See, der oculus maris genannt wird, wo die Schiffe des Meeres oft hinfahren, wohl deshalb, weil er mit dem Meer in Verbindung steht”.